Das Konsumklima für Deutschland enttäuscht, die Bundesregierung senkt zudem ihre Wirtschaftsprognose für das laufende Jahr deutlich. Doch an der Börse steigen die Kurse. Der DAX überspringt am Mittwoch-Mittag erstmals die Marke von 21.600 Punkten. Folgen auf das neue Allzeithoch kurzfristig noch weitere Rekorde?
Laut der neuesten Konsumklima-Studie der Nürnberger Institute GfK und NIM ist der private Konsum in Deutschland auf dem Rückzug. Sowohl die Konjunktur- und Einkommenserwartungen als auch die Anschaffungsneigung mussten im Januar Einbußen hinnehmen. Die leisen Hoffnungen auf eine vorsichtige Erholung wurden zunichte gemacht. Die Sparneigung werde gleichzeitig etwas größer.
Für Februar 2025 prognostizieren die Konsumforscher nun einen Rückgang des Konsumklimas um einen Zähler auf minus 22,4 Punkte. Zum Vergleich: Vor der Corona-Pandemie hatte das seit den 1980er Jahren monatlich erhobene Konsumklima vergleichsweise stabil bei Werten um plus 10 Punkte gelegen.
Auch die Bundesregierung sieht auf absehbare Zeit keine Besserung. Im Gegenteil: Mit der heutigen Vorlage des Jahreswirtschaftsberichtssenkt wird die Konjunkturprognose für 2025 weiter gesenkt. Wie Wirtschaftsminister Robert Habeck mitteilte, wird nur noch ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent erwartet. Im Herbst hatte die Regierung noch mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 Prozent gerechnet.
"Die Diagnose ist ernst", sagte Habeck. Deutschland hänge in einer Stagnation. Die Konsequenz der vorgezogenen Bundestagswahl sei eine Hängepartie, die den Aufschwung verzögere.
Den schlechten Aussichten zum Trotz wird an der Börse jedoch gekauft. Auch angetrieben von einer Erholung der Tech-Werte an der Nasdaq erklimmt der DAX am Mittag neue Rekordhöhen. Bis auf 21.638 Punkte steigt der Aktienindex am Nachmittag – ein Tagesplus von knapp einem Prozent. Seit Jahresstart beträgt das DAX-Plus bereits 8,6 Prozent.
Am Dienstag hatte die US-Börse Nasdaq die Sorgen vor der chinesischen Konkurrenz durch das neue Open-Source-KI-Modell des Start-ups DeepSeek weitgehend abgeschüttelt und ordentliche Gewinne verbucht. Auch heute deutet sich dort ein freundlicher Tag an.
Marktexperten verwiesen auch auf ASML als Stütze für die Rekordlaune, denn der Spezialist für Lithografie-Systeme zur Herstellung von Computer-Chips erzielte im vierten Quartal nicht nur einen Rekordumsatz, sondern überzeugte vor allem mit einem starken Auftragseingang. Unter den deutschen Technologie-Werten treibt dies die Aktien von Infineon, Aixtron, Jenoptik oder auch SUSS MicroTec an, die zwischen 0,3 Prozent und zweieinhalb Prozent zulegen.
Im DAX glänzen am Nachmittag vor allem SAP, Deutsche Telekom, Siemens Energy und Daimler Truck, die zwischen zwei und 6,7 Prozent zulegen. Der Lkw- und Bushersteller profitiert vor allem von den verbesserten Aussichten von Mitkonkurrenten Volvo, die T-Aktie von starken Neukundenzahlen der US-Tochter T-Mobile US (siehe Link-Liste).
Am Abend nach Börsenschluss in Europa richtet sich die Aufmerksamkeit dann auf die US-Zinsentscheidung. Zwar wird keine Zinssenkung erwartet, doch Jerome Powell könnte Hinweise auf die künftige Marschrichtung der Geldpolitik geben. Und nach US-Börsenschluss werden dann noch die Quartalsberichte der drei US-Tech-Schwergewichte Microsoft, Meta und Tesla erwartet, die morgen dann wohl auch deutsche Aktienkurse bewegen werden.
Mit dem aktuellen Anstieg hat sich der DAX weiter in die überhitzte Zone geschoben. Sowohl der Relative Stärke Index (RSI) als auch MACD deuten eine Überbewertung an. Zudem hat sich der DAX mittlerweile gut 2.500 Punkte von seiner 200-Tage-Linie entfernt. Diese Aspekte sprechen dafür, das es in absehbarer Zeit zu einer Korrektur kommen könnte. Ein vorübergehender Rutsch Richtung 20.000-Punkte-Marke wäre gesund. Doch wenn der Markt einmal so richtig ins Laufen kommt, sind selbst Index-Stände deutlich oberhalb von 22.000 DAX-Punkten kurzfristig denkbar.
Kurzfristig orientierte Anleger machen sich für eine möglicherweise nahende Korrektur bereit, längerfristig orientierte halten frisches Geld zum Nachkaufen bereit. Der langfristige Aufwärtstrend ist intakt.
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Enthält Material von dpa-AFX